Donnerstag, 9. November 2017
Tabuisierte Fluchpsalmen und das Nazi- und DDR-Erbe der Kirche
Aus dem Kreuzgang von 2010:

"Viele scheinen etwas gegen sie zu haben. Das Stundenbuch ist von Psalmflüchen "gereinigt" worden, und Bibelkommentatoren scheinen auch ihre Probleme damit zu haben. So steht in der HSK-Bibel als Anmerkung zu Psalm 137: "Schade, daß durch Vers 7-9 dieses Lied mit einem so ganz unchristlichen Rachewunsch endet"

"Öfters kann man in Kommentaren auch lesen, daß es sich bei solchen Formulierungen wie:

Gott, zerbrich ihnen die Zähne im Rachen, zerschlage, o Herr, das Gebiß der Löwen! Sie sollen vergehen wie verringendnes Wasser, wie Gras auf dem Wege verwelken! SIe mögen der Schnecke gleichen, die kriechend zerfließt, der Fehlgeburt eines Weibes, die niemals die Sonne schaut!

(Psalm 58 6-9) in ihrer "hyperbolischen Ausdrucksweise" dem Temperament orientalischer Menschen entspringen. Klingt für mich wie ein Vorurteil. Ich glaube, die Emotionen von nordischen Menschen (wie ich einer bin) gehen genauso tief wie von allen anderen auch. Das Bild des heißblütigen Dunkelhäutigen wurde künstlich aufgebaut."
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?t=12217
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Auf welcher Basis wurde dieses Bild aufgebaut? Da kann nur die Übermensch-Ideologie der Nazi-Zeit dahinterstecken, die bis heute nicht richtig überwunden ist.

Wir werten keine Menschen mehr ab mit dunklerem Phänotyp. Aber Menschen abwerten wenn sie leichter provozierbar sind, das geht immer noch, denn Mangel an Coolness gilt ja nach wie vor unreflektiert als Stigma, als Kainsmal.

Die sogenannten "Islamkritiker" haben einen großen Teil ihrer Agenda darauf aufgebaut, jede Schlägerei zwischen Migranten als untragbar zu skandalisieren. Interessant ist, was sie den Einheimischen damit für ein Bild vermitteln: Du bist Deutscher - sei gefälligst hoch disziplinierter Selbstkontrollfreak um dich von denen als was Besseres zu unterscheiden.

Als ob das ein Grund wäre stolz zu sein, wenn man ein gefühlloser Zombie ohne jede Fähigkeit zu Spontanität ist, nichts als eine nützliche Arbeitsmaschine mit Sex nach Zeitplan, vorher und nachher Duschen nicht vergessen.

Aber viele dieser "Islamkritiker" sind ja in der DDR aufgewachsen, und wahrscheinlich wurde ihnen dort so ein rein funktionalistisches Menschenbild von klein auf vermittelt.

Nichts grundsätzlich gegen Menschen aus dem Osten, aber wenn in ihren Köpfen die 2 Totalitarismen von Hitler und Stalin Händchen halten und Kinder kriegen, dann kriege ich wirklich Angst. Religionsunterricht, der ihnen die Grundzüge des christlichen moralischen Kompass hätte vermitteln können, hatten sie keinen, und welche quasi faschistische "Ethik" ihnen in diesem sog. Realsozialismus vermittelt wurde, kann man als Wessi nur mit Grausen vermuten. Und da sie nichts anderen kennen, geben sie das wohl auch an ihre Kinder weiter.

Das sind dieselben Technokratengeister, die immer behaupten "Humanisten" und "Naturalisten" zu sein, am liebsten religiöse Feiertage durch Urlaubstage ersetzen möchten und die unbedingt am Karfreitag tanzen wollen, als ob es nicht noch 364 andere Tage gäbe. Und die sind Linke und Liberale.

Wir haben es also in Deutschland 2017 mit Faschisten von links und rechts zu tun. Heute ist der 9.11., der Tag der Reichspogromnacht. Wir können aber noch so viel gedenken, mahnen und Stolpersteine verlegen, es nützt nichts. wenn wir zulassen, daß in der Verkleidung "westlicher Werte" immer noch die alte Übermensch-Ideologie herumspukt.

Wie wehrt man sich dagegen? Wie setzt man echten inklusiven Humanismus dagegen der nicht nur getarnter Transhumanismus (also auch wieder Faschismus) ist?

Mir fällt dazu nur Religion ein, Zuflucht nehmen im Christentum um sich vor diesen destruktiven Zeitgeist zu schützen.

Und ich verfluche den Tag als ich mir irgendwann im Jahr 2000 Internet zugelegt habe und zum ersten Mal mit dieser fürchterlichen Hitler-Stalin-Kombi konfrontiert war, die quasi auf einen globalen Faschismus nach italienisch-futuristischer Art hinausläuft. Denn vorher war meine Welt noch in Ordnung. Danach nie mehr.

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Der falsche Pazifismusspin im heutigen Christentum
c. fabry hat in Anarchistische Kirche https://fabry.blogger.de/ gefragt, was die Leute in der Kirche eigentlich brauchen. Meine Meinung ist: Sie brauchen mehr Leidenschaft für Gerechtigkeit. Ich stelle hier mal rein was ich dort geschrieben habe:
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Die Leidenschaft für Gerechtigkeit zu beten
wie sie z.B. in den total tabuisierten Rachepsalmen zum Ausdruck kommt. Wir brauchen keine Kirche der ergebenen Schafe die sich nie empören und immer nur alles ergeben als Schicksal hinnehmen. Das ist nicht christlich sondern paganistisch, und erinnert mich unangenehm an Hitlers Geschwätz von der Vorsehung.

http://www.dietrich-bonhoeffer-gemeinde.de/gottesdienste/predigtreihe-2012-psalmen/rachepsalm-psalm-58-pfr-ulrich-wehmann-am-29072012/

Neulich in Twitter wollte eine Frau (die auch Teile des Koran ablehnt) die Tempelreinigungsszene als zu gewalttätig aus dem Neuen Testament streichen, weil das ihr Gandhi-haftes Bild vom lieben Jesulein und Opferlamm in Frage stellt. In der Evangelischen Kirche ist ein total falscher Spin drin, da wird man sogar in der katholischen Befreiungstheologie noch eher fündig. Die Ursache ist IMHO das "aufgeklärte" stoizistische Emotionstabu das hierzulande, typisch perfektionistischer Idealismus, total auf die Spitze getrieben wurde.
Dazu hab ich auch schon was geschrieben.
https://unidas.blogger.de/stories/2665190/
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Es wird Zeit, daß endlich wieder die Wahrheit gesagt wird: Gott ist nicht nur ein "lieber Gott", Jesus ist nicht nur das gehorsame Opferlamm. Dieses dualistische Aufspalten ist IMHO der Rest vom Gnostizismus der Nazis, der immer noch in den Köpfen überlebt hat.

Und statt diese krankhafte Spaltung zu bekämpfen, wurde sie nur durch noch mehr Dualismus bekämpft und es wurde versucht, absolut jede Aggression und jeden Kampfgeist aus der Psyche des Tätervolks zu eliminieren und jede Berührung damit als quasi unrein zu vermeiden. Aber damit werden solche "dunklen" Anteile nur in den Untergrund getrieben, und das Resultat sind dann 13 % für die AfD.

Aber mit psychologischer Ursache und Wirkung hat es der bürgerliche Deutsche ja nicht so, er meint immer noch, es müßte alles per erhobenem Zeigefinger in den Medien gemacht werden. Tja, liebe Oberlehrer, da habt Ihr euch ganz schön getäuscht, und das habt Ihr jetzt von eurer akademischen Hochnäsigkeit.

Ich frage mich, ob diese Gesellschaft jemals dazulernen wird. Es gibt hier viel technisches Verständnis, aber die Mehrheit hat nie begriffen wie konkrete individuelle Menschen jenseits ihrer beruflichen Funktion ticken.

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